Eine lustige Franzoesin, Sophie, eine Kunsterzieherin, die einmal beruehmt werden will mit ihren Bildern, ein Kanadier mit Ordnungsfimmel, James, von Beruf Parkwaechter bzw. Rettungshelfer auf dem West-Coast-Trail von Vancover Island, und ich begegneten uns im Hostal "Los Andes" in Arequipa, in dem man sich uebrigens sehr wohl fuehlt. Ich kann es nur weiter empfehlen: extrem hohe Decken, sehr sauber, ordentliche Kueche, Dachterasse mit Hollywoodschaukel und Blick ueber die Stadt auf den Vulkan Misto und sehr zentral gelegen. Wir waren uns schnell darueber einig, dass wir am naechsten Morgen um sechs Uhr gemeinsam mit dem Bus zum fuenf Stunden entfernt gelegenen Colca-Canyon fahren wollten, um dort zwei bis drei Tage wandern zu gehen. James war seinem Beruf entsprechend perfekt ausgeruestet, einfach vorbildlich: 1.-Hilfe-Set, Snacks, viel Wasser, gesamte Ausruestung in Plastiktueten verstaut, Regensachen, Sunblocker, Badehose, Muetze, Hoehenmesser, detailliertes Kartenmaterial mit Hoehenlinien aus dem Internet, Sonnenhut, Muetze etc. und somit fuer Sophie und mich die professionellste Begleitung, die wir uns wuenschen konnten. Schliesslich hatten wir gelesen, dass man sich im Colca-Canon durchaus verlaufen koennte.
Vom Dorf Cabanaconde aus gibt es mehrere Pfade in den ca. 1000m tiefen, engen und sehr steil abfallenden Canyon. Wir waren trotz Wanderkarten nicht ungluecklich, dass wir Dennis, einen ortskundigen Bergfuehrer und seinen beiden Wanderern folgen durften. In engen, steilen Serpentinen stiegen wir auf einem teils sandigen, teils felsigen und steinigen Pfad hinab ins Tal. Ich ziehe es ja eigentlich vor, erst bergauf und danach dann bergab zu gehen. Das weniger anstrengende lieber am Ende. Aber das war hier nicht moeglich. In den Canyon, der uebrigens doppelt so tief ist wie der Grand Canyon in den USA, aber nicht ganz so spektakulaer, kommt man nur zu Fuss und nur von oben. Unten am Talgrund fliesst ein kleiner Fluss, der ueber ein paar Haengebruecken ueberquert werde kann. Die Aussicht ist in jeder Hoehe wunderschoen! Etwa auf halber Hoehe und im Tal gibt es sogar einige kleine Doerfer.
Die Bevoelkerung pflegt noch eine recht primitive, rein agrarisch ausgerichtete Lebensweise, zum Teil in Bambushuetten. Sie leben von ihrem selbst angebauten Mais, Getreide, Obst und Gemuese und von ihren Tieren: Alpacas, Lamas, Huehner und Kuehe.
Die Erde im engen Tal ist sehr fruchtbar, weil sie vulkanischen Ursprungs ist. Auf aufwaendig gebauten Terrassen sah ich neben den Feldern, Limonen-, Orangen-, und Avocadobaeume und sogar einen Phzsalisstrauch. Die Felder werden durch ein zum Teil in den Fels gehauenes Wasserleitungssystem mit Wasser gespeist.
Ganz anders sehen die Doerfer oben auf dem Altiplano, der den Anden vorgelagerten Hochebene, aus: sie alle leiden unter Wasserknappheit, sind staubig und trocken und das wenige Wasser dort stammt vornehmlich von den Gletschern und Schneefeldern der nahe gelegenen Berggipfel. Nur in der Regenzeit zwischen Dezember und Februar regnet es taeglich einmal. In den vergangenen Jahren hat sich die Wasserknappheit durch die globale Erderwaermung zugespitzt. Auch hier in Suedamerika schmelzen die Schneefelder und weichen die Gletscher.
Das Tal der Schlucht dagegen ist wie eine Oase mit ueppigem Bewuchs.
Uns ueberraschte an diesem Nachmittag leider heftiger, stundenlanger Regen. Durchnaesst und frierend erreichten wir am Talgrund das Dorf San Juan und suchten uns dort eine Bleibe fuer die Nacht. Wir waermten uns und trockneten unsere Kleidung am aus Adobe gebauten Herd am offenen Feuer, auf dem auch unser Abendessen, Alpaca, Gemuese und Reis, zubereitet wurde. Dazu gab es frisch geerntete Avocado.
Am naechsten Morgen ueberraschte uns Doris, die Hausfrau und Hostalverwalterin mit frischen Bananenpfannkuchen zum Fruehstueck. So gestaerkt brachen wir frueh auf um in der Mittagshitze unser Ziel schon erreicht zu haben: eine Oase mit Swimmingpool!
Unterwegs trafen wir zufaelligerweise die kleine Reisegruppe wieder, die Dennis fuehrte. Im Dorf Matala gibt es ein kleines Museum, das die traditionelle Lebensweise der Talbewohner beschreibt. Das Getreide mahlen die Maenner mit grossen Steinen auf Steinplatten zu Mehl, die Frauen den Mais, weil das leichter ist. Die Maenner sind es auch, die mit einem primitiven Handpflug die Erde oeffnen, waehrend die Frauen den Samen streuen und die Erde wieder schliessen. So teilen sich dort Maenner und Frauen die taegliche Arbeit.
Licht erzeugte man bis vor kurzem mit Hilfe von Lama- bzw. Alpacatalg und einem Baumwolldocht. Inzwischen verfuegen viele Haushalte ueber Solarpanels fuer die Strom- und Warmwassererzeugung und ueber einen Fernseher!
Wir probierten Chicha, ein aus Mais gewonnenes vergorenes Getraen, das hiesige Bier: sehr gewoehnungsbeduerftig!!
Nach der Mittagspause in der Oase, eine Wohltat bei 40 Grad Celsius in der Sonne, stiegen wir die ueber 900m wieder auf. Zum Glueck war es bewoelkt. Den Abend und die Nacht verbrachten wir noch Cabanaconde. Auf der Rueckfahrt am folgenden Tag hielt der Bus noch einmal am oberen Talrand an und wir hatten das grosse Glueck, dass ein Kondor an uns vorbei segelte. Nach einem Mittagessen in Chivay ging es zurueck nach Arequipa.
Sophie, James und ich waren uns einig: ein durch und durch schoener Ausflug, der jedem von uns richtig Spass gemacht hat.
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