Montag, 12. Januar 2009

Das Hautstueck des Milodóns

Der englische Schriftsteller Bruce Chatwin unternahm einmal im 20. Jahrhundert eine Reise nach Patagonien. Darueber schrieb er ein Buch, eine Art Reisebericht. Es traegt den einfallsreichen Titel "In Patagonien". Von mehr oder weniger einzigartigen Charakteren und deren mehr oder weniger abstruse Lebensgeschichten handelt das Buch. Es reiht Episoden an Episoden und ist spannend zu lesen. Zusammengehalten wird das Journal durch die Suche des Erzaehlers nach dem Ursprung des Hautstuecks eines Ur-Faultiers, das angeblich in Suedpatagonien seine Reise begann und durch die Verwandten des Reisenden in seinen Besitz gelangte. Er moechte herausfinden, was es mit diesem Stueck Haut auf sich hat.
Als ich das Buch waehrend der Vorbereitung auf meine Reise und von einem lieben Kollegen darauf aufmerksam gemacht, las, wunderte ich mich nur ueber diese eigenartige Idee.
Inzwischen weiss ich mehr: Bruce Chatwin wohnte im Hostal "Ritz" in Punta Arenas und kann dort heute noch im Gaestebuch nachgeschlagen werden. Er war also tatsaechlich hier und was soll diese Story mit dem Hautstueck dieses seltsamen Urviechs?
1895 fand Otto Nordenskjoeld (nach ihm wurde auch ein See im Torres del Paine benannt) in der Naehe von Punta Arenas, in einer ueber 200 Meter tiefen und fast ebenso breiten Hoehle ein Hautstueck eines ausgestorbenen Tieres, des Milodons (Molodon darwini).
Die Hoehle liegt in der Provinz "Ultima Esperanza", ein vielsagender Name, zu deutsch "Provinz zur letzten Hoffnung". Dieses Wirbeltier lebte vor ca. 9000 bis 12000 Jahren hier. Zur gleichen Zeit lebten auch Menschen in dieser Gegend, die Schutz in der Hoehle suchten. Es kann sogar sein, dass Mensch und Faultier zur gleichen Zeit diese Hoehle bewohnten. Nach der Entdeckung jedenfalls, wurden mehrere Hautstuecke an verschiedene biologische Institute in USA und Europa zur Untersuchung geschickt und es fanden mehrere weitere Untersuchungen und Ausgrabungen vor Ort statt. Man fand einige Knochen, konnte in etwa das Aussehen des Tieres nachvollziehen. Es hatte kraeftige Klauen, mit denen es Wurzeln aus dem Boden kratzte, und vielleicht fand es vor seiner Ausloeschung nicht mehr genug Nahrung. Untersuchungen weisen darauf hin. Dennoch, bis heute ist das Raetsel um dieses eigenartige Tier, seine Lebensweise und seine Ausloeschung ungeklaert. Heute ist die Hoehle ein "Natural Monumento" namens "Cueva del Melodon" (seit 1974) und kann gegen Eintrittsgeld besichtigt werden. Eine Nachbildung des Milodon aus Bronze, ca. 2.5 Meter hoch, kann man dort bewundern und natuerlich die grosse Hoehle.
Aber ich weiss jetzt, dass Bruce Chatwin diesen Aufhaenger fuer sein Buch und vielleicht auch fuer seine Reise nicht einfach erfunden hat, sondern dass es dieses komische Tier tatsaechlich gegeben hat.

1 Kommentar:

Anja hat gesagt…

Gruesse aus Schierling! Lese regelmaessig deine Posts und fuehl mich ein kleines bisschen mit dabei...Im Ernst: Mach ein Buch draus! Alles Liebe und gute Weiterreise!